Etappe 3 – Von Lyon nach Narbonne

Oder: Wie ein vermisst geglaubter Französischer Familienvater doch noch zurück nach Hause fand…

Ein ganz normaler Tag

Aber der Reihe nach… Der Tag begann super! Erste Amtshandlung: Mit dem Sonnenaufgang den Campingplatz besichtigen, den wir gestern Abend ja erst in der Dämmerung erreicht hatten. Entsorgungsstation für Abwasser und Wohnwagen-Toilette: Check!
Frischwasser Auffüll-Station: Check!Abfallbehälter für den bisher angesammelten Müll: Check!
Duschen und WCs (it has been 3 days, baby…): Geschlossen vom 28.August 2014 bis 1. Juni 2015… Na Wahnsinn!

Egal, als nächstes stand die Entsorgung der Wohnwagen-Toilette an. Lecker Sache so morgens um 9 Uhr, direkt nach dem Frühstück…Man stelle sich das so vor: Alle Bewohner des Campingplatzes schleichen mit ihrem als Trolli getarnten Klotank zur Entsorgungstation. So was aber auch, da stehen zwei deutsche Touris, die auch direkt mal ihr ganzes Wohnmobil da geparkt haben . Also heißt es Schlange stehen und oh wie peinlich, da ist auch der Typ aus der Parzelle nebenan, egal, wenn ich lang genug in die Bäume starre macht er das vielleicht auch und wir müssen uns nicht beim Pupu wegbringen grüßen.. wann sind diese Deutschen da endlich fertig??? Jetzt füllen die auch noch Wasser auf und dahinten kommt Mme. Soundso, die will ich ja nun gar nicht sehen, dann fahr ich mit meinem Trolliklo wieder und komm später noch mal, wenn die mit ihrem Auto weg waren.

Nachdem wir also schnellst möglich unser Mobil versorgthatten ging es auch schon weiter. Wir wollen ja Richtung Meer. Da wir weiterhin Mautfreie Straßen fahren führte uns unser Weg geradewegs durch die Avuergne. Wem das jetzt nichts sagt schaue bei Wikipedia nach oder lese Asterix und das Avernerschild.

Die Auvergne ist ein Landstrich aus Vukanischem Ursprung, das heißt vieele Berge und Täler und alles hübsch grün da. Die Averner stehn nicht so drauf ihre Straßen einfach mal gerade zu planieren, aber sie können gaaanz tolle Brücken bauen. Sehr hohe und sehr freistehende Brücken.

Und die Straßen schlängeln sich rauf auf 1300m und dann wieder runter mit 7% Neigung durch Kurven ins Tal. Was Averner nicht mögen, und was sie uns durchaus sympatisch macht, ist dass sie anscheinend nichts von Kreisverkehren halten. Wäre ja auch doof auf so ’ner Brücke in 1300m…und auch die McDonalds-Dichte nimmt ab 700m Höhe rapide ab. Warscheinlich kann man ein Hamburger Royal nur auf Meereshöhe halbwegs zusammenbasteln…

Es ging aber gut voran und daher kamen wir gegen 14 Uhr bereits in Languedoc Roussillion, unserer Zielregion, an. Hier wollten wir einen Campingplatz in der Nähe von Montpellier ansteuern. Aber dann kam alles anders:

Nachdem wir ersteinmal an der reichlich beschilderten Einfahrt vorbei gefahren sind machte uns beim Wenden eine aktuelle Bewohnerin des Campingplatzes auf ebendiesen Aufmerksam. Sie schwenkte dazu in beängstigendem Enthusiasmus Ihre Bingowings hin und her. Dies sollte uns sowohl Willkommensgruß als auch Warnung sein. Trotz dieser Vorzeichen fuhren wir auf den Platz, nur um in aller unser bisher gewonnen Erfahrung als Camping-Urlauber innerhalb von Sekunden den vorgefundenen Platz zu bewerten:

1. Einziger freier Platz direkt neben der Entsorgungsstation…riecht bah!
2. Direkt hinter dem Stellplatz „fließt“ ein eher stehendes Gewässer…Mücken und riecht auch bah!
3. Durchschnittsalter der auf dem Platz anwesenden Personen: 205 Jahre… riecht…naja!

Also, Kehrtwende und Marsch! Per Stellplatzführer den nächsten Platz ins Navi getippt und losgefahren, war ja noch früh am Tag zu diesem Zeitpunkt…

Das Navi hatte allerdings in der Zwischenzeit vergessen, dass wir mit einem Wohnmobil mit über 2m Breite unterwegs waren und schickte uns fröhlig durch die kleinsten Gassen und schmalsten Brücken die zwischen den beiden Plätzen lagen. Dies gipfelte darin, dass wir irgendwann auf einem schmalen Feldweg in mitten von Feldern standen. Bis zum Horizont war nichts ausser Mais zu sehen. Und hier kommt nun unser französischer Familienvater ins Spiel. Denn plötzlich hatten wir drei französische Autos hinter uns, die uns nicht nur über das ganze Feld verfolgt haben, sondern auch in jeder noch so kleine Gasse in jeder noch so kleinen Stadt konsequent an unserer Stoßstange klebten. Wir können uns dies nur so erklären:

Die besagten Franzosen müssen schon eine Weile in besagtem Feld unterwegs gewesen sein. Wahrscheinlich wurden sie schon vor Wochen als vermisst gemeldet, ihre Familien waren in Sorge und hatten schon längere Zeit nichts mehr von ihnen gehört.

Da passierte es: Plötzlich vor ihnen, ein deutsches Wohnmobil, mit einer völlig entfesselten Fahrerin und einem völlig wilden Beifahrer. Die müssen doch wissen, wie man aus diesem Feldweg gewirr heraus kommt. Egal, auch wenn der komische Beifahrer nun schon zum dritten Mal ausgestiegen ist, um zu prüfen, ob die Brücke zu schmal oder zu tief ist, die wissen schon was sie tun. Also hinterher und bloß keinen Zentimeter Platz zwischen mir und der Freiheit lassen.

Diese ganze Verfolgungsjagd, für uns zum nächsten Stellplatz und für die Familienväter endlich wieder nach Hause, fand ihren Höhepunkt darin, dass das Wohnmobil vornewerg und alle anderen hinterher in Carnac in eine recht schmale Gasse einbogen und dann von vorne ein Bus in die Straße einbog und der Busfahrer und wir uns lange tief in die Augen sehen konnten. Irgendwie entwirrte sich das Knäul und wir waren frei und hatten unserer Verfolger in der Gasse zurückgelassen. Aber von hier werden sie wohl hoffentlich allein nach Hause finden.

Als uns dann noch fast zwei Hunde, die einfach frei durch die Gegend rannten, mit Freude vor das Auto sprangen musste etwas geschehen. Genug mit zu engen Gassen und Straßen die nirgendwo hin führen, wir navigierten mit dem Handy per Koordinaten und gaben uns für das Navi als LKW aus.

Und ja, wir fanden einen Platz. Nur waren wir leider zu langsam oder zu dumm oder beherschten einfach nicht genug Französisch um in 2 Sekunden nach herausziehen der Karte wieder im Mobil zu sitzen und durch die Schranke zu fahren, die sich kurz darauf wieder schloss. Kein Problem dachten wir, Karte wieder rein und dann müsste doch… hmm ok Automat jetzt kaputt… ok schranke bleibt unten, wir also in den Rückwärtsgang und neuen Platz suchen.. Wir dachten noch lange an die armen Menschen, die nun aufgrund dieser kaputten Schranke bzw. des kaputten Automaten ihr gesamtes restliches Leben dort werden verbringen müssen.

Die Uhr, die uns noch zuvor so viel Zeit geschenkt hatte, zeigte nun erbarmungs los Sieben und auch der Stand der Sonne lies keinen Zweifel zu.. wir brauchten jetzt ganz dringend einfach einen Platz zum stehen, am besten mit Strom um all dieses Unverständinss und die aufgestauten Ereignisse hier eingeben zu können. Da kam Narbonne als nächste Großstadt ganz recht. Dort gibt es immer Stellplätze. Und da war er auch, auf einem Parkplatz neben einem Sportgelände und wer sagt’s denn, sogar mit Strom. Doch dieses mal waren wir ja schlauer und einer blieb im Auto sitzen, während der andere die Karte aus dem Automaten fischte und zack hatten wir die Schranke überwunden und konnten uns einen der letzten zwei Plätze sichern. Ja, alle anderen 25 Plätze hier sind belegt von anderen verlorenen Seelen die eigentlich nur ans Meer wollten und sich und den Grund ihrer Reise dann im gewirr der engen Gassen und Sträßchen der umliegenden Dörfer verloren haben und einfach mit uns hier gestrandet sind.

Aber nach einer guten Dusche und was warmen zu Essen im Bauch geht es uns schon wieder besser und wir sehen dem morgigen Tag mit Gelassenheit entgegen. Immerhin stand vorhin auf dem letzten Autobahn-Schild schon Barcelona!

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